Liebe ist…

…wenn es Landliebe ist. Wer gedanklich jetzt nicht sofort bei Milch und Joghurt, sondern eher bei „Bauer sucht Frau“ respektive „Bäuerin sucht Mann“ ankommt, der ist gar nicht so weit abgeschlagen vom Thema:

Ich weiß jetzt nicht, ob diese beiden munteren Milchbäuerinnen aus dem wonnigen Wuppertal auf Männersuche sind, aber wenn man sich die Landliebe-Website anschaut, dann sind wir schon mittendrin, denn diesmal ging es im Interview bei „Zweiaufeins“ in „radioeins“ um die Frage, wie das Lebensmittelmarketing mit einer Bilderidylle vom Landleben uns Verbraucher ködert:

Die Marke „Landliebe“ gehört zur FrieslandCampania Germany mit Sitz in, nein, nicht Friesland, sondern Heilbronn. Der Begriff „Land“ ist dabei übrigens nicht schützbar – und somit wird schnell klar, dass die Anbieter uns wunderbare ländliche Bilderwelten präsentieren können, die eher selten etwas mit den Produkten zu tun haben.

Handgemacht, Bauerhaus, grüne Wiese, Natur – oftmals auch freilaufende Tiere…möglichst eng mit dem Leben auf dem Lande verbunden, so sehen sich die Hersteller gerne, aber das hat natürlich mit dem Alltag in den Produktionsbetrieben wenig zu tun.  Diese starken Bilder suggerieren beim Verbraucher jedoch noch mehr: Das saftige Grün der Campina-Wiesen lässt uns meinen, dass die Milchkühe dort nur bestes, frisches Gras zum Futtern bekommen. Wie Ökotest jedoch einmal auf Anfrage herausfand, versteht FrieslandCampina „die Abbildung einer grünen Wiese nicht als Hinweis auf die Verwendung von Weidemilch“. Ist eben nur ’ne grüne Wiese…

Für schöne Bilderwelten greift der Konsument aber gerne tiefer ins Portemonnaie: So kostet Landliebe-Milch 30 bis 50 Cent mehr im Supermarkt, dafür stammt die Milch aber aus „traditioneller Fütterung“ – was nicht heißt: von freilaufend grasenden Kühen, sondern ohne Zufütterung mit Mitteln aus den Vereinigten Staaten, die gentechnisch bearbeitet sein können. Immerhin 80% der Kühe, so will es FrieslandCampina bei seinen Milchbauern erstritten haben, sollen Weidegang erhalten (doof für die restlichen 20%, die im Stall bleiben müssen…). Das Ganze ist nach Schätzungen von foodwatch dem Unternehmen einen Cent pro Liter Milch mehr wert – für die Bauern.

Auch bei anderen Produkten jenseits der Milch kann man sich fast sicher sein, dass der idyllische Bauernhof auf der Verpackung in Wirklichkeit vom Mastbetrieb ablenken soll. Der Hamburger Verbraucherschutz untersuchte die Verpackungen von Fleischprodukten und stellte dabei fest, dass 83 Prozent im Namen Begriffe wie „Land“, „Hof“ oder „Wiese“ benutzten und Bilder von Bergen, Weiden, Fachwerkhäusern und blauen Himmel verwendeten. Natürlich will uns keiner der Anbieter täuschen, das alles sei bitte nur symbolisch oder als Versinnbildlichung zu verstehen. Aktionspläne für „ehrliche Etiketten“ seitens des Verbraucherschutzministeriums gibt es dabei schon seit Jahren, müssen aber auf EU-Ebene diskutiert und entschieden werden…

Solange sich der Verbraucher jedoch nach der heilen Welt sehnt, wird die Industrie ihm diese auch anbieten. Ganz egal (leider), wie oft „Panorama“ uns aufklärt:

Abschließend noch ein weiterer interessanter Blick hinter die Kulissen, diesmal mit dem Schwerpunkt Preiskampf auf dem Milchmarkt:

 

 

2 Antworten zu „Liebe ist…”.

  1. […] ist mühselig, aber für den Konsumenten bedeutet dies, genau hinzugucken, nicht auf Marketing-Maschen hereinzufallen.und sich so gut wie möglich zu informieren. Denn ‘naürlich’ ist nicht immer ‘nur […]

  2. Das gute alte Problem mit dem „Kino im Kopf“!
    Bin da auch gerade dran mit meinem aktuellen Projekt:

    Turbo-Salat aus Indoor-Farming vor Ort, optimal versorgt mit allem, was die Pflanze braucht und ohne auch nur dem geringsten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (da unter kontrollierten Umweltbedingungen)…

    Die Konsumenten sind ja absolut interessiert an gesunden, regionalen Produkten und transparenten Produktionsbedingungen – aber wehe, wenn bei solchen Bildern wie unten die Assoziation mit der Tiermast gesponnen wird, dann heißt es ganz schnell: Salat wie aus Legehennenbatterien! ^^

    PS: Wir brauchen dafür ein neues Siegel, BIO würde uns nicht wollen und wir sind eh besser als der ökologische Landbau (mal abgesehen vom Strom)! 😀

    http://www.gereports.com/post/91250246340/lettuce-see-the-future-japanese-farmer-builds

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