Eene meene miste, es rappelt in der Kochkiste

Beim Ausmisten meiner Küchenschränke zwischen den Jahren habe ich wieder einmal Gewürze entdeckt, die für ein ganz bestimmtes Rezept benötigt wurden – und dann jahrelang bis zur Verklumpung im Schrank in Vergessenheit gerieten, weil ich sie nicht mehr brauchte. Warum gibt es eigentlich nie Gewürzdosen in Größen, die man wirklich benötigt?
Doch das gilt eigentlich für alle Zutaten: Wie viel verschwendet man da…. Abhilfe versprechen hier die Kochkisten – und „Kiste“ war auch das Thema bei „2aufeins„. Daher haben wir uns heute einmal dieses Phänomen angeschaut. Nachzuhören ist das radioeins-Interview wie immer hier:

Die Welt der Lebensmitteltrends ist ständig in Bewegung, und Meal-Kits haben eine revolutionäre Veränderung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingeleitet. Diese Dienste bieten nicht nur frische, vorportionierte Zutaten, sondern liefern auch die Möglichkeit, köstliche Mahlzeiten bequem nach Hause zu bringen – eine willkommene Alternative zu Fast Food und Imbissbuden. Doch wer nutzt diese Dienste wirklich, und wie passen sich die Anbieter an die Herausforderungen der Branche an?

Die Geburt der Kochbox: Von Dänemark nach Übersee

Meal-Kits sind keine bloßen Fertiggerichte. Und die Idee, sich regelmäßig Lebensmittel liefern zu lassen, ist auch nicht neu. Eines der frühesten Beispiele ist „Omaha Steaks“ , ursprünglich „Table Supply Meat Company“, die 1917 gegründet wurden und zunächst „schlachthoffrisches“ Fleisch verkauften. 1952 wurde ein Versand- und Hauslieferdienst eingeführt, aus dem sich dann monatliche Abo-Boxen entwickelten.Sie ebneten somit den Weg für moderne Essenslieferdienste.


Das Konzept, das wir heute kennen, entstand in Dänemark mit der Einführung von „Mad til Døren“ im Jahr 2003 und breitete sich über „RetNemt“ im Jahr 2006 aus. Schweden, oft als Ursprungsland bezeichnet, brachte mit „Middagsfrid“ und „Linas Matkasse“ weitere Innovationen hervor. Der US-Markt erlebte 2012 den Eintritt von Blue Apron, HelloFresh und Plated.

Herausforderungen und Umwelteinflüsse der Kochboxen

Trotz des raschen Wachstums stehen Meal-Kit-Unternehmen vor der Herausforderung, Abonnenten langfristig zu halten. Und das gelingt noch zu selten: Viele Kunden probieren den Service nur einmal aus und bleiben selten länger als 5-8 Wochen dabei. Und auch die Gewinnung dieser Neukunden ist oft teuer mit Rabattaktionen und Testpaketen bezahlt. Die Marketingaufwendungen sind immer noch sehr hoch.

Geltend gemacht werden auch Umweltbedenken aufgrund schwer recycelbarer Verpackungen, wie den Gefriergelpackungen, stehen im Kontrast zu den positiven Umweltauswirkungen: eine etwa 30%ige Reduzierung des Treibhausgasausstoßes im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmitteleinkäufen. Doch arbeiten alle Anbieter hier kontinuierlich an umweltgerechten Lösungen und haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Und dennoch lauern reichlich Fallstricke: So hat die Deutsche Umwelthilfe beispielsweise dem Unternehmen „HelloFresh“ Greenwashing vorgeworfen und reichte im Mai 2023 eine Klage wegen Verbrauchertäuschung ein, da das Unternehmen mit angeblicher Klimaneutralität wirbt.

HelloFresh suggeriere seinen Kundinnen und Kunden, dass sie bei der Nutzung des Essenlieferdienstes ‚etwas Gutes für die Umwelt tun‘. Ob die behauptete Klimaneutralität aber durch ausreichende Kompensationsmaßnahmen erreicht wird, wird nicht deutlich.

Das Landgericht Berlin gab der DUH in seiner Entscheidung vom Oktober 2023 Recht, so dass der Essenslieferdienst sich nicht länger als „erstes globales klimaneutrales Kochbox-Unternehmen“ bezeichnen und behaupten darf, dass es seine direkten Emissionen zu 100 Prozent kompensiert.

Demografie und Warum Menschen Kochboxen lieben

Typische Meal-Kit-Abonnenten sind junge Stadtbewohner mit höherem Einkommen. Zeitersparnis und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sind Hauptgründe für die Nutzung. Mit einem geschätzten potenziellen Markt von 93 Millionen Menschen allein in den USA könnten Meal-Kits in der Zukunft noch weiter wachsen. Weltweit hat HelloFresh um die 8 Millionen regelmäßige KäuferInnen. Es ist noch ordentlich Luft nach oben im Markt.

Die Vielfalt der Meal-Kits: Angebote und Vorteile

Doch Kochboxen bieten mehr als nur Bequemlichkeit. Von perfekten Portionen über frische Zutaten bis hin zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung – diese Dienste ermöglichen es den Menschen, zu Hause leckere Mahlzeiten zu genießen, ohne den Stress des Einkaufens und der Rezeptplanung zu haben. Die Vielfalt der angebotenen Gerichte fördert die kulinarische Entdeckung und ermöglicht es, verschiedene Ernährungsweisen auszuprobieren.

Hier sind die Vorteile von Meal-Kits bzw. Kochboxen im Überblick:

Perfekte Portionen:

  • Kochboxen bieten genaue Portionen an, was besonders für Personen hilfreich ist, die Schwierigkeiten mit der Portionskontrolle haben oder einfach nicht wissen, wie viel sie von verschiedenen Gerichten zubereiten sollen.

Frische Zutaten:

  • Mahlzeitensets ermöglichen einfachen Zugang zu frischen Zutaten, auch solchen, die möglicherweise nicht saisonal verfügbar oder lokal leicht zu finden sind. Viele Kochboxen-Anbieter setzen auch auf qualitativ hochwertige und teilweise biologische Zutaten.

Weniger Lebensmittelverschwendung:

  • Durch genau abgemessene Mengen an Zutaten wird Lebensmittelverschwendung minimiert. Im Vergleich dazu kaufen Menschen oft im Supermarkt große Mengen ein und verwenden nur einen Teil einer Zutat, wodurch der Rest verschwendet wird.

Gesunde Optionen:

  • Viele Kochboxen-Anbieter bieten Optionen für spezielle Ernährungsweisen an, wie vegetarische, Paleo- oder glutenfreie Mahlzeiten. Dies erleichtert den Einstieg in neue Diäten oder die Einhaltung bestimmter Ernährungsvorgaben.

Weniger Aufwand:

  • Das Bestellen von Kochboxen spart Zeit und Mühe, die normalerweise für den Einkauf und die Planung von Mahlzeiten aufgewendet werden. Die Zutaten werden direkt nach Hause geliefert, was den gesamten Prozess effizienter gestaltet.

Kosteneinsparungen:

  • Obwohl Kochboxen nicht unbedingt billig sind, können sie kostengünstiger sein als regelmäßige Bestellungen oder Restaurantbesuche. Sie ermöglichen auch den Zugang zu hochwertigen Zutaten, die sonst möglicherweise nicht erschwinglich wären.

Neuartigkeit und Vielfalt:

  • Kochboxen bieten die Möglichkeit, regelmäßig neue Rezepte auszuprobieren und verschiedene kulinarische Stile zu entdecken, ohne viel Zeit oder Geld investieren zu müssen.

Umweltfreundliche Aspekte:

  • Obwohl Kochboxen in Bezug auf Verpackung kritisiert werden können, tragen sie dennoch dazu bei, den Treibhausgasausstoß zu reduzieren, insbesondere wenn sie effizient auf Lieferstrecken laufen. Sie können auch die Lebensmittelverschwendung minimieren.

Bequemlichkeit:

  • Der Hauptvorteil von Mahlzeitenservices liegt jedoch in der Bequemlichkeit. Menschen können hochwertige, hausgemachte Mahlzeiten genießen, ohne sich um die Planung und den Einkauf kümmern zu müssen.

Diese Vorteile haben dazu beigetragen, dass Kochboxen in den letzten Jahren zu einer beliebten Option für Menschen geworden sind, die hochwertige Mahlzeiten zu Hause zubereiten möchten, ohne die Unannehmlichkeiten des traditionellen Einkaufs und der Rezeptplanung.

HelloFresh: Vom Start-Up zum Global Player

HelloFresh, einst als „Geldverbrenn-Maschine“ belächelt, hat sich zu einem globalen Konzern und Marktführer entwickelt und gehört zu den wenigen Berliner Internet-Playern, die sich selbst erfolgreich in den USA behaupten. Effiziente Wachstumsstrategien, saisonale Einkäufe und verbesserte Logistik haben dazu beigetragen, die Kosten zu senken und das Unternehmen profitabel zu machen.

Auch vor den ständig steigenden Kosten für Lebensmittel können sich die Kochboxen-Anbieter recht gut schützen, in dem sie die teuren Zutaten durch günstigere ersetzen. Wird die Kartoffel zu teuer, gibt es eben häufiger Reis.

Die Pandemie brachte alle Box-Anbietern einen enormen Aufschwung, der natürlich nicht nur bei HelloFresh aufgrund der auslaufenden Pandemie und einer schwächelnden Wirtschaft zu Problemen führte. Viele Restaurants, die während der Pandemie mit der Boxen ihr Geschäft stützen konnten, haben den Versand der Meal-Kits wieder eingestellt.

Kontroverse um HelloFresh: Gewerkschaftsinitiativen, Umweltkritik und rechtliche Auseinandersetzungen

HelloFresh steht nicht nur für kulinarische Innovationen, sondern auch für Kontroversen. In den USA versucht das Unternehmen, Gewerkschaftsinitiativen zu unterbinden, und in Deutschland wird ihm vorgeworfen, die Gründung eines Betriebsrates zu behindern, während Umweltorganisationen wie PETA den Einsatz von Affenarbeit in der Kokosnussindustrie kritisieren.

Ausblick: Die Zukunft der Meal-Kits

Trotz Herausforderungen und Kontroversen sind Meal-Kits nicht mehr aus der Lebensmittelbranche wegzudenken. Ihre Vielfalt, Umweltauswirkungen und kulinarischen Vorteile machen sie zu einer interessanten Option für Menschen, die Mahlzeiten in ihrem eigenen Zuhause genießen möchten. Es ist davon auzusgehen, dass die Branche auch weiterhin auf Veränderungen reagieren und sich entwickeln wird.

Marktführer HelloFresh versucht in einigen Testmärkten bereits, die „guten alten“ Fertiggerichte erfolgreich zu verkaufen – diesmal im Wellness- und Health-Food-Gewand. So viel ändert sich dann doch vielleicht nicht….

Eine Antwort zu „Eene meene miste, es rappelt in der Kochkiste”.

  1. Avatar von Jörg aus Berlin
    Jörg aus Berlin

    Toller Bericht. Ich habe HelloFresh einige Monate genutzt und dabei einiges neues entdeckt und meine Küchen-Skills erweitert. Es war mir jedoch zu intensiv und es gab zu wenig vegetarische Varianten. …aber grundsätzlich ist das eine gute Option stressarm gut zu essen.

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