„Wo die Jugend ist, da ist auch 4711 immer dabei!“

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Es gibt einen ganz besonderen Geruch, der mich an meine früheste Kindheit, meine Großmutter und Großtanten erinnert – und das ist der Duft von 4711 – Echt Kölnisch Wasser. Den Herren von „Zweiaufeins“ geht es anscheinend genauso, denn sie luden mich ins radioeins-Studio zum Interview:

Es muss furchtbar gestunken haben, Anfang des 18. Jahrhunderts in den Straßen von Köln: Kaum ein Haus verfügte über eine Toilette, die Menschen, auch der Adel, wuschen sich aus Angst vor Krankheiten so selten wie möglich – und Müll wurde einfach aus dem Fenster auf die Straße geworfen. Es roch nach Unrat, Abfall und Schweiß.

Johann Maria Farina hatte eine sehr feine Nase und arbeitete als Parfümeur in Köln. Er suchte nach einem Duft, der den Gestank der Stadt auszugleichen vermochte.

Johann Maria Farina

Dazu destillierte er Bergamotte, Limette, Pampelmuse und Orange und schuf so des erste moderne Parfum. Farina jubelte, dass er einen Duft gefunden habe, der ihn an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert, kurz nach dem Regen. Diesen Duft nannte er „Farina Original Eau de Cologne“ – echt Köllnisch Wasser.

1709 eröffnete er eine eigene Parfümerie und wurde sehr schnell erfolgreich: Er belieferte Höfe und Könige, zeitweise kostete eine Flasche seines Duftes das halbe Jahresgehalt eines Beamten. Napoleon soll es sich jeden Morgen auf Kopf und Schultern gesprüht haben und Goethe ließ sich angeblich von getränkten Dufttüchern auf dem Schreibtisch inspirieren.

Wo es viel Erfolg gibt, gibt es natürlich auch Nachahmer – oder, wie wir heute sagen würden, „me-too-Produkte“ -, wie den wohlhabenden Kaufmann Wilhelm Mülhens, der ein besonderes Näschen für’s Geschäft hatte.

Wilhelm Mülhens

Der Legende nach schenkte ihm ein Kartäusermönch namens Farina (!) zu seiner Hochzeit 1792 die Rezeptur für ein Aqua Mirabilis, ein Wunderwasser zur inneren und äußeren Anwendung. Da diese Legende nicht stark genug war, kam er auf eine weitere Idee: Er nahm einfach andere Männer mit Nachnamen Farina als Teilhaber auf. Und so hieß sein Unternehmen dann eine Zeitlang „Franz Maria Farina in der Glockengasse der Post gegenüber“. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und kaufte 1803 einem Herrn Farina die Namensrechte ab, um sein Cologne weiterhin als „Farina-Duft“ bewerben zu können. Auch diese Namensrechte hat Mülhens noch zu Geld gemacht, in dem er sie an 30 weitere Wettbewerber verkaufte. Den Farinas stank das gewaltig und es wurden im Verlauf der Jahrhunderte unzählige Prozesse geführt…

Denn: Markenschutz gab es damals noch nicht, das erste Markenschutzgesetz wurde 1875 erlassen. Farina lässt seine Marke daraufhin als eine der Ersten überhaupt in Deutschland eintragen und untersagt Wilhelm Mülhens endlich den Gebrauch seines Namens.

Ein neuer Name war nun nötig – und der Enkel des Plagiators besann sich auf eine andere gute Geschichte: Als die Franzosen 1794 Köln besetzten, verlangten sie von dem Bürgermeister, dass er alle Häuser in Köln durchlaufend zu numerieren habe – ein Prinzip, wie es damals in Frankreich üblich war. Das Stammhaus der Mülhens in der Glockengasse erhielt die Nummer 4711. Bereits in den 1830er spielte man mit dieser Zahl und verwendete sie in ihrer Parfüm-Geschichte, nun aber wurde sie zum Markenzeichen.

Das ursprüngliche „Wunderwasser“, das „aqua mirabilis“, wurde übrigens zunächst als Heilmittel verkauft. Es sollte innerlich eingenommen werden. Die Rezeptur des Wassers ist zwar bis heute geheim und die Komposition wurde auch nie geändert. Bekannt sind nur die Hauptbestandteile: ätherische Öle von Citrusfrüchten, Rosmarin und Lavendel, gelöst in reinem Alkohol. Kindern wurde es damals tropfenweise in Wasser verabreicht, Erwachsene verdünnten es gerne mit Weißwein. Und noch heute gibt es in einigen Kölner Hotels den „Blau-Gold-Cocktail“, in den zusammen mit Danziger Goldwasser, Curacao Blau und Wodka auch ein Spritzer „4711“ hineingegeben wird, bevor man den Drink mit Sekt auffüllt.

Napoleon Bonaparte jedoch erließ 1810 ein Dekret, in dem gefordert wurde, alle Geheimrezepturen für die innerliche Anwendung bedingungslos offenzulegen. Natürlich wollte Wilhelm Mülhens sein Geheimrezept nicht preisgeben und bezeichnete sein Kölnisch Wasser nun als „Duftwaser“, das ausschließlich äußerlich anzuwenden sei. So umging er die Veröffentlichungspflicht der Inhaltsstoffe.

Selbst heute noch ist 4711 aber mehr, es wird als „Aroma-Therapeutikum“ bezeichnet, dessen Duft eingeatmet werden soll. Die ätherischen Öle wirken sich dann positiv auf den Organismus und die Gemütslage aus.

2006 gelang die Marke dann zu dem Parfum-Unternehmen Mäurer & Wirtz, die 4711 nicht nur wiederbelebten, sondern auch stark verjüngten (z.B. mit einem 4711 Remix Cologne), um damit an die Erfolge alter Zeiten anzuknüpfen.

An historischem Orte, in der Kölner Glockengasse, findet sich heute noch das 4711-Dufthaus, das nicht nur ein Flagship-Store, sondern auch ein Museum beherbergt mit geschichtlichen Führungen, Duft-Seminaren und Duft-Menüs.

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