In der sehr überschaubaren Markenwelt meiner Jugend („Wir hatten ja nix…“) war ein Logo doch sehr präsent: das der Marke „Kraft“:
Doch was ist Kraft eigentlich für ein Konzern? Das fragte mich diesmal nur Daniel Finger beim Interview in „Zwei auf eins“ bei „radioeins„:
Es war James Lewis Kraft der 1903 in Chicago mit ganzen 60 Dollar Startkapital die „Kraft Foods“ als ambulanten Käsehandel gründete und er war zudem der erste, der sich das Emulgieren und Pulverisieren von Käse patentieren ließ, um ihn damit lager- und transportfähiger zu machen. Eines Tages traf er einen Händler aus St. Louis, der in Karton verpackte Nudeln verkaufte – und schon entstand das, wofür Kraft bis heute in den Vereinigten Staaten am bekanntesten ist: Mac & Cheese aus dem Karton. Seit 1937 sind diese haltbaren Maccheroni mit Käse auf dem Markt; schon im ersten Jahr verkauften sich mehr als 9 Millionen Packungen, heute gehen täglich 1 Millionen Einheiten in 22 Varianten über die Verkaufstheken. In Berlin gibt es ja auch keinen einzigen Burger-Laden in den Hipsterbezirken mehr, der nicht „Mac & Cheese“ als Beilage hochjubelnd verkauft…
1988 erwarb der US-Konzern Philip Morris für knapp 13 Milliarden Dollar Kraft Foods und fusionierte dieses dann 1989 mit dem zuvor erworbenen Konzern „General Foods“ zum damals weltweit größten Lebens- und Genussmittelproduzenten. 1990 kam dann noch „Jacobs Suchard“ zum Konzern dazu – zwischenzeitlich hatte sich die „Mutter“ Philip Morris in „Altria“ umbenannt, um die verrauchte Herkunft nicht so deutlich werden zu lassen, musste sich aber 2007 von „Kraft Foods“ trennen, um nicht Gefahr zu laufen, dass Klagen von Tabakkonsumenten auch Kraft treffen könnten.
Eine Vielzahl weiterer Markenankäufe folgten, unter anderen die Keks- und Gebäckmarken LU und Mikado oder der Süßwarenhersteller Cadbury.
2012 wurde Kraft Foods in zwei eigenständige, börsennotierte Unternehmen aufgeteilt: die „Kraft Foods Group“, die nur noch für den nordamerikanischen Raum zuständig ist (und somit für Mac & Cheese), und die „Mondelez International“, die die globalen Snacks und Süßwaren verantwortet sowie alle anderen Lebensmittel außerhalb von Nordamerika. Das führte zu einem mittleren Markenkuddelmuddel: Oreo-Kekse sind weltweit Mondelez, Philadelphia-Frischkäse wird je nach Land mal von Kraft und mal von Mondelez verkauft.
Mondelez ist nach Nestlé und Pepsico der drittgrößte Nahrungsmittelhersteller der Welt: 110.000 Mitarbeiter erwirtschaften in 155 Ländern jährlich über 35 Milliarden Dollar. Zu den Mondelez-Marken gehören (u.a.):
Milka, Daim, LU, Philadelphia, Oreo, Mikado, Miracle Whip, Ritz, Stimorol, Kaba, Suchard, Toblerone, Trident, Tassimo, Jacobs Kaffee, Onko, Kaffee Hag, Senseo, Ketchups, Saucen und: die echten Salzburger Mozartkugeln (Mirabell)…
Mondelez ist einer der 4 weltgrößten Kaffeegiganten – und damit auch ein harter Preisdrücker bei den Erzeugern, der sich zwar für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Kaffee- (wie auch Kakao-) Plantagen einsetzt, sich aber sehr bestimmt von allen fair trade – Maßstäben fernhält (mehr dazu findet ihr im Oxfam-Report: Behind the brands). Gleichzeitig geriet Kraft Foods (wie dann auch in der Folge Mondelez) immer wieder in das Visier der deutschen Wettbewerbshüter, die unerlaubte Preisabsprachen gerade bei Kakao- und Kaffeeprodukten aufdeckten und abstraften.
Meiner Meinung nach liegt hier auch das größte Problem in Sachen „Nahrungsmittelkonzerne“: Wir müssen Milliarden von Menschen ernähren – und das geht nicht nur über Bauernhöfe und traditionelle Landwirtschaft. Schon eine Stadt wie Berlin kann nicht von den paar Brandenburger Öko-Höfen am Leben erhalten werden – wer das glaubt (und propagiert) ist einer hoffnungslosen Öko-Romantik verfallen… Gerade in Zeiten zunehmender Flächenversiegelung und Fremdnutzung von landwirtschaftlichen Flächen sowie der unsinnigen Konzentration auf Monokulturen brauchen wir Anbieter, die in der Lage sind, Nahrungsmittel für Massen herzustellen. Was jedoch gewährleistet sein muss, ist die Kontrolle über diese globalen Player, die sich an nationalen Befindlichkeiten und Gesetzesgebungen immer seltener aufhalten. Diese Allmacht soll dann noch im Freihandelsabkommen TTIP gestärkt werden:
Ein erklärtes Ziel von TTIP ist es, “das höchste Liberalisierungs- und Investitionsschutzniveau” innerhalb der beteiligten Staaten zu erreichen. Gerade Investitionsschutz wirkt auf den ersten Blick sehr positiv, hat es beim genaueren Hinsehen gehörig in sich.
So wird Konzernen die Möglichkeit eingeräumt vor geheimen Schiedsgerichten gegen jede Politik im Gaststaat zu klagen. Der Schiedsspruch steht über dem nationalen (und demokratisch kontrollierten) Gesetz und kann nicht angefochten werden. (Quelle)
Dazu abschließend noch folgender Monitor-Beitrag:
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